Sunday 8. December 2024

NEU! Orthodoxe Kirchenzeitung

für Österreich im neuen Layout

Die aktuelle Ausgabe Frühjahr-Sommer/2019

 

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NEU! "Orthodoxe Religionspädagogik"

an der Universität Wien

 

 

Der Sinn der Großen Fastenzeit (7. Teil und letzter Teil)

Enthaltsamkeit von geschlechtlichen Beziehungen

Diese Herangehensweise können wir auch auf die Frage der Enthaltsamkeit bei den geschlechtlichen Beziehungen. Die Kirche lehrt seit Anbeginn, dass die Eheleute während der Fastenzeit versuchen sollen, wie Bruder und Schwester zu leben, was aber nicht bedeutet, dass die geschlechtlichen Beziehungen in der Ehe eine Sünde sind. Im Gegenteil, der Große Kanon des Andreas von Kreta, in dem mehr denn sonst im Triod wir den Hinweis auf den Sinn des Fastens finden, sagt unzweifelhaft: „Die Ehe ist ehrenhaft, und das Ehebett unbefleckt, denn Christus hat das eine und das andere gesegnet, indem er körperlich aß und in Kana bei der Hochzeit Wasser in Wein wandelte, und somit sein erstes Wunder zeigte.“ (27)

 

Die Enthaltsamkeit der Eheleute hat also nicht zum Ziel die Verdrängung, sondern die Reinigung der Geschlechtlichkeit. Diese Enthaltsamkeit, an die man sich für eine Zeit in Absprache halten wird, hat immer ein positives Ziel, um sich dem Fasten und Beten hinzugeben. (1. Kor 7, 5).

Indem er uns von dem dualistischen, falschen Deuten des Fastens schützt, widerholt der Triod mehrere Male die Worte vom Guten, das wesentlicher Bestandteil der materiellen Schöpfung ist. Im letzten Gottesdienst, der sich in ihm befindet, der Abendgottesdienst am Großen Samstag, beginnt der Absatz mit den 15 Lesungen aus dem Alten Testament mit den ersten Worten aus dem Buch Genesis: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde…Alles was geschaffen wurde ist das Werk der Hände Gottes, und als solches, ist es „sehr gut“. Jeder Teil der göttlichen Schöpfung, so der Triod, beteiligt sich an der Danksagung dem Schöpfer gegenüber.

 

Eine Vielzahl im Himmel erbringen Ihm die Herrlichkeit,
Vor Ihm zittern die Cherubim und Seraphim,
Es soll alles was atmet und alles Erschaffene Ihm
Den Lobpreis entgegenbringen, Ihn ehren und über alles stellen.
Du, der Du die Höhen mit Wasser bedeckt hast,
der Du den Sand als Grenze zum Meer errichtet hast und der Du alle Dinge unterstützt,
Dir singt die Sonne den Dank und der Mond feiert Dich, und alles Erschaffene bringt
Dir den Hymnus dar, seinem Schöpfer und Erschaffer auf ewig.
Mögen alle Bäume im Wald jubeln und singen,
Mögen die Berge und Hügel aufspringen in der großen Freude über die Barmherzigkeit Gottes,
Und mögen die Bäume im Wald in die Hände klatschen. (28)

 

Christi menschliche Natur

 

Eine solche positive Einstellung zur materiellen Welt finden wir nicht nur in der Schöpfungslehre, sondern auch in der Lehre von Christus. Im Triod wird immer und immer wieder die wahre physische Realität der menschlichen Natur Christi betont. Wie kann dann der menschliche Körper schlecht sein, wenn selbst Gott in Seiner eigenen Persönlichkeit den Körper angenommen und vergöttlicht hat? So wie wir es beim Frühgottesdienst des ersten Fastensonntags, dem Sonntag der Orthodoxie, sagen:
Du hast Dich uns, mit Liebe erfüllter Herr, nicht nur in der äußeren Form, so wie es die Schüler des Mani, die Feinde Gottes, gesagt haben gezeigt, sondern in voller und wahrhafter Wirklichkeit des Körpers. (29)

 

Da Christus den wahren materiellen Körper angenommen hat, was die Hymnen am Sonntag der Orthodoxie klar verkünden, so konnte Sein Abbild auf den Heiligen Ikonen dargestellt werden, wo als Material Holz und Farben verwendet werden.

Das unbeschreibliche Wort Gottes wurde darstellbar;
Indem es den Körper von Dir, Gottesgebärerin, annahm,
Er hat die befleckte Wange in seiner einstigen Pracht wiederhergestellt,
indem Er sie mit göttlicher Schönheit verzierte.
Daher bezeugen wir unsere Erlösung mit Taten und Worten
Und stellen Ihn auf den Heiligen Ikonen dar. (30)

 

Diese Behauptung über die geistestragenden Möglichkeiten der materiellen Schöpfung ist ein ständiges Thema während der Großen Fastenzeit. In der ersten Woche der Großen Fastenzeit erinnern wir uns an die physische Natur der Menschwerdung Christi, an die materielle Realität der Heiligen Ikonen und an die sichtbare, ästhetische Schönheit der Kirche.

 

In der zweiten Woche erinnern wir uns an den Hl. Gregorios Palamas (1296-1359), der gelehrt hat, dass die gesamte Schöpfung durchfüllt ist mit Göttlicher Energie, und dass der Mensch schon in diesem Leben und mit seinen körperlichen Augen diese göttliche Herrlichkeit ergründen kann, dass sein Körper mit der Gnade Gottes geistlich geworden ist.

 

In der dritten Woche feiern wir die Materie des Holzes des Kreuzes, und in der sechsten Woche segnen wir die Materie der Palmenzweige; am Mittwoch der Leidenswoche werden wir mit dem materiellen Öl gesalbt während des Hl. Mysteriums der Myronsalbung, am Großen Donnerstag erinnert uns das Letzte Abendmahl daran, wie Christus das materille Brot und Wein gesegnet hat, indem Er es in Seinen Laib und Sein Blut wandelte.

 

Diejenigen, die fasten, sind weit davon entfernt die materielle Schöpfung abzulehnen; im Gegenteil, sie unterstützen ihre Erlösung. Sie antworten auf den Ruf des Hl. Paulus, der ihn an die „Söhne Gottes“ gerichtet hat: mit brennenden Erwartungen erwartet die Schöpfung, dass sich die Söhne Gottes zeigen…Und die Schöpfung selbst wird sich von Knechtschaft der Vergänglichkeit befreien zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die Schöpfung zusammen seufzt und bis heute trauert (Röm 8, 19-21).

 

Durch die Enthaltsamkeit während der Großen Fastenzeit versuchen wir, mit Gottes Hilfe, auf diese Einladung als Priester der Schöpfung zu antworten, indem wir alle Dinge in ihrer einstigen Herrlichkeit wiederherstellen.

 

Wenn die asketische Selbstdisziplin die Ablehnung der Welt bedeutet, so ist das nur in jenem Sinn, in dem sie durch den Fall verdorben ist; wenn man daher den Körper ablehnt, so nur in jenem Maß, indem dieser von den sündigen Leidenschaften beherrscht wird.

 

Die Begierde schließt die Liebe aus: solange wir andere Menschen oder Leidenschaften begehren, solange sind wir nicht in der Lage sie wahrhaft zu lieben. Indem es uns von dieser Begierde befreit, macht uns das Fasten fähig für die wahre Liebe. In dem Moment, wo in uns der egoistische Wunsch aufhört zu herrschen, etwas zu nehmen und es zu benutzen, dann beginnen wir die Welt mit den Augen Adams im Paradies zu sehen.

 

Unsere Selbstaufgabe ist der Weg der uns zu unserer Selbstbestätigung führt, das ist unsere Weise in die kosmische Liturgie zu treten, wo alle Dinge, die sichtbaren und unsichtbaren, ihren Schöpfer preisen.

 

27.    Neuntes Lied, Troparion 12
28.    Großer Kanon, achtes Lied, Irmos; Abendgottesdienst am Großen Donnerstag; Frühgottesdienst am Sonntag der Kreuzverehrung, Frühgottesdienst am Palmsonntag
29.    Der Perser Mani (um 216-276), Begründer des Manichäismus, predigte den unversöhnlichen Dualismus. Er behauptete, dass für den menschlichen Körper, noch für irgendetwas aus der materiellen Welt eine Erlösung geben kann; die Lichtteile die im Menschen gefangen sind, müssen durch strengen Asketismus, der auch eine vegetarische Ernährung vorsah, befreit werden.
30.    Kontakion am Sonntag der Orthodoxie, 2. Stimme.

Bischof Kallistos Ware, Metropolit von Diokleia und Professor für orthodoxe Studien an der Oxford University, sowie Autor zahlreicher Bücher über die orthodoxe Kirche.

 

(Quelle: www.svetosavlje.org – Übersetzung Mag. Mirko Kolundzic)

Neues Buch von Metropolit Arsenios

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Liturgisch-pädagogische Aspekte der Bibel und die Bedeutung ihres Studiums

von Prof. Dr. Konstantin Nikolakopoulos, München

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